Lichtsymbolik als Hinweis auf die Aufklärung

Es fällt nicht schwer, in unserem Ritual die vielfachen Erwähnungen der Lichtsymbolik zu finden, …um den Weg zu Licht zu weisen…, …trägt der MvSt das Licht aus dem Osten in die Loge…, …die BH zu erleuchten…, …ich bitte um das kleine/große Licht…, …was das Licht für das Auge….

Innerhalb der freimaurerischen Symbolwelt veranschaulicht die Lichtsymbolik den transzendenten Bezug des Freimaurers, den Anker seiner Verantwortung und die Quelle seiner Hoffnung. Licht symbolisiert Lebenskraft und Lebensgrundlage, Sicherheit und vertrauenswürdige Ordnung. Die Lichtsymbolik hat als zentraler Bestandteil der masonischen Bilderwelt ihren festen Platz im maurerischen Ritual.

Licht ist das wichtigste Medium der Spiritualität. Licht steht aber nicht nur für Spiritualität, für ein gleichsam „inneres Leuchten“, sondern auch für gesellschaftsrelevante Aufklärung, für den menschlichen Akt der Wahrheitserkenntnis. Es ist diese ausgreifende Bedeutung des Lichts als komplexes Symbol für Lebensquelle, Lebenskraft, moralische Wegweisung und Suche nach Wahrheit, welche die „Lichterteilung“ zum zentralen Bestandteil des Aufnahmerituals und die „Lichteinbringung“ zum Kern der rituellen Einsetzung einer Loge oder der Einweihung eines neuen Tempels macht.

„Licht“ ist noch ein einem zweiten Sinn konstitutiv für die Freimaurerei, nämlich im Sinn von Aufklärung. Aufklärung heißt Licht ins Dunkel bringen, im Englischen „Enlightenment“ und im Französischen „Lumières“ wird das noch deutlicher als in der deutschen Sprache. Aufklärung ist untrennbar an das Symbol des Lichts gebunden (Konrad Paul Liessmann): Aufklärung ist die Herstellung von Verhältnissen, in denen alles Dunkle, Verborgene, Falsche, Verdüsterte, aber auch jeder falsche Schein, jedes Blendwerk, jede Täuschung, jede Illusion ihrer Unwahrheit überführt wird. Aufklärung tut not, wo die Gedanken und Sinne der Menschen vernebelt sind, wo an angeblich unumstößliche Wahrheiten geglaubt werden muss und wo vermeintliche Gewissheiten aufgezwungen werden. Aufklärung setzt demgegenüber darauf, dass Wahrheitsansprüche, Weltdeutungen, moralische Einstellungen und politische Überzeugungen kritisch überprüft und aus Vernunftgründen einsichtig, zumindest plausibel gemacht werden müssen.

Allerdings, umstritten war die Aufklärung von Anfang an. Es braucht nicht erst Horkheimers und Adornos Schrift „Dialektik der Aufklärung“, geschrieben im US-amerikanischen Exil angesichts der Verbrechen der Nazis, um zu erkennen, dass Vernunft zu weit gehen, sich selbst überschätzen, selbst dogmatisch werden kann.

Wir alle kennen Kants Definition von Aufklärung, Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. In diesem Aufsatz schreibt er weiter hinten: Daß aber ein Publikum – sprich: eine Gruppe von Menschen – sich selbst aufkläre, ist eher möglich; ja es ist, wenn man ihm nur Freiheit läßt, beinahe unvermeidlich. Denn da werden sich immer einige Selbstdenkende … finden, welche, nachdem sie das Joch der Unmündigkeit … abgeworfen haben, den … Beruf jedes Menschen, selbst zu denken, um sich verbreiten werden.

Ein solches „Publikum, das sich selbst aufklärt“, wollen die Freimaurer nun auch heutzutage sein, ein Publikum, das genau hinschaut auf Fakten und Probleme, ein Publikum, das in einen Diskurs tritt mit anderen Menschen, um den Prozess der Aufklärung weiter zu bringen und hineinzutragen in unsere so unübersichtlich gewordene und zerrissene Gegenwart. „Erkenne dich selbst“, so heißt es in unserem Aufnahmeritual, doch Selbsterkenntnis und Selbstaufklärung sind für den Freimaurer untrennbar miteinander verbunden.

Die Suche nach dem Licht der Wahrheit war noch nie in der Geschichte der Menschheit so einfach wie heute, denn noch nie war wissen so demokratisch zugänglich wie heute über das Internet. Gleichzeitig war es noch nie so schwierig, sich in der scheinbaren Unterschiedslosigkeit unendlich verfügbarer Informationen zurechtzufinden. Aufklärung heute bedeutet daher nicht zuletzt sorgfältig-beharrliche Annäherung an Fakten und Ringen um Urteilsvermögen.

Freilich ist auch ist zu bedenken, wenn es zunächst auch widersinnig klingen mag, der Verantwortliche für die Wirkung einer Information ist nicht nur der, welcher informiert, sondern auch der, welcher informiert wird. Das heißt, kritikloses Für-wahr-Halten ist in sozialer Hinsicht ebenso schädlich wie die Manipulation der Wahrheit, und das der Überlieferung nach „letzte“ Wort des französischen Aufklärers Denis Diderots „Der erste Schritt zur Wahrheit ist der Zweifel“ bleibt Vermächtnis und Erbe der Aufklärung auch für uns Freimaurer der Gegenwart.

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