Warum nennen wir uns Freimaurer?…
…wie oft haben wir schon diese Frage des MvSt gehört. Der 2.A. antwortet: weil wir als freie Männer bauen am Tempel der allgemeinen Menschenliebe. Die nächste Frage des MvSt: mit welchen Bausteinen bauen wir diesen Tempel? beantwortet der 2. Aufseher mit: unsere Bausteine sind wir, die Menschen.
Geliebte Brüder, in diesen 2 Fragen und 2 Antworten fasst das Ritual programmatisch die nach außen gerichteten Ziele der FM in dichter Abstraktion zusammen. Wenn wir nur zuhören, so ist alles Notwendige vorhanden:
– die Akteure – wir freien Männer von gutem Ruf
– unsere Aufgabe – zu bauen, nämlich
– ein symbolisches Bauwerk – den Tempel
– unser Ziel – die Menschenliebe
– unsere Utopie – die allgemeine Menschenliebe
– unsere Mittel – alle Menschen, die Universalität
Es geht um unser Verständnis einer zukünftigen Gesellschaft ohne Hass, Vorurteile oder Gewalt. Damit stehen wir in einer Reihe mit anderen Menschen, die das Wohl der Menschen als ihr Ziel definieren. Das Besondere ist unsere freimaurerische Methode. Im Gegensatz zu anderen Weltanschauungen und Religionen wollen wir unsere Mitmenschen nicht zu unseren Zielen bekehren, bessern oder überzeugen. Unser Auftrag richtet sich an uns selbst. Es ist unsere Aufgabe an uns selbst, an unserem eigenen rauen Stein zu arbeiten. Geführt durch Ritual, Symbole und Vorbild leitet die Arbeit am rauen Stein den Maurer von der Selbsterkenntnis zur Selbstbeherrschung, um ihn schließlich nach langen Jahren maurerischen Tuns zur möglichsten Annäherung an die Schönheit seines Menschentums zu führen, moderner ausgedrückt, Teil einer wahrhaft humanen Gesellschaft werden zu lassen. Unsere Utopie geht dahin, dass eines Tages genug Brr... FM unter den Menschen leben werden, dass die Menschheit wie geimpft von dieser Idee der allgemeinen Menschenliebe ist.
Meine Brr...! Ich habe vom unserem Tun und unserer Utopie gesprochen und noch nichts über unsere Bausteine gesagt. Unsere Bausteine sind wir Menschen, damit stellt das Ritual die Frage nach unserem Menschenbild. Denn so wie ein Gebäude aus Bruchsteinen anders aussieht als ein Gebäude aus behauenen Steinen oder aus Ziegelsteinen, so ist das Aussehen des Tempels der allgemeinen Menschenliebe abhängig von unserem Menschenbild. Unser Menschenbild ist das Menschenbild der Aufklärung, das Menschenbild von Rousseau und Voltaire, erstmals niedergeschrieben in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776, proklamiert in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte der französischen Nationalversammlung vom 26. August 1789 und in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948. Unsere Aufgabe ist es, unser Menschenbild permanent auf seine allgemeine Gültigkeit zu überprüfen und den Plan des Tempels der allgemeinen Menschenliebe daher permanent weiter zu entwickeln.
Um diesen Bau errichten zu können braucht es den Br... FM, den freien Mann. Der Br... muss in doppelter Hinsicht ein freier Mann sein; er muss frei sein von Vorurteilen, denn wer nicht frei von Vorurteilen ist, kann nicht Toleranz üben. Und er muss frei sein von inneren Zwängen; denn wenn er nicht seinen persönlichen Ehrgeiz beherrschen kann, kann er auch nicht Bruderliebe üben, die Brüderlichkeit, die Mitmenschlichkeit, die die Steine zu einem festen Ganzen fügt.
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.