Das Aufklärerische in der FMei

Immanuel Kant definiert Aufklärung in seinem berühmten Aufsatz in der Berlinischen Monatsschrift vom Dezember 1784 so: AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. … Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.[1] Kant benennt auch gleich die Ursachen, die seiner Meinung nach Menschen daran hindern, sich aus der Unmündigkeit zu befreien. Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung freigesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben. … Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, …; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen.[2] Weiter schreibt er: Es ist also für jeden einzelnen Menschen schwer, sich aus der ihm beinahe zur Natur gewordenen Unmündigkeit herauszuarbeiten. Er hat sie sogar liebgewonnen und ist vorderhand wirklich unfähig, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, …[3].

 

Geliebte Brr...! Ich finde diese Worte Kants in Zusammenhang mit der FMei für bemerkenswert. Denn bei näherer Betrachtung erscheint mir die FMei als wahrer Impfschutz gegen die selbstverschuldete Unmündigkeit. Als Brr... FM sind wir zur Freiheit und zum Selbstdenken berufen. Ich behaupte die FM ist eine Schule des Selbstdenkens, beginnend mit dem Aufruf, den wir bei unserer Aufnahme gehört haben: erkenne dich selbst. Die FM gibt keine fertigen Antworten, sie stellt den Brr...Fragen, auf die jeder einzelne Br... seine eigene Antworten finden muss. Die FM bezeichnet sich selbst als frei von Dogmen, was praktisch bedeutet, dass es kein fertiges philosophisches oder ideologisches Programm der FMei gibt. Was die FMei jedoch anbietet, das sind ihre Werkzeuge, wie wir sie im Ritual vorfinden. Mit ihnen kann der einzelne Br... lernen, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen.

 

Wie ich meine, hat Kant sehr richtig erkannt, dass es für einen einzelnen Menschen durchaus schwer sein kann, diese Befreiung aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu finden. Auch dafür bietet die FMei Hilfe an, die Arbeit in der brüderlichen Gemeinschaft, all unser Tun ist Gemeinschaftsarbeit.

 

Wir in unserer österreichischen Kette haben eine besondere Methode der Befreiung aus dem Zustand der selbstverschuldeten Unmündigkeit gefunden, das BS. Wenn wir die AT wirklich ernst nehmen, so können BS für den einzelnen Br... zu seinen ganz persönlichen Schritten zu seiner persönlichen Aufklärung werden.

 

Und doch sind wir FM nicht vor den Hindernissen zur Befreiung aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit nicht gefeit. Dies wiegt umso stärker, als die FM eigentlich perfekte Bedingungen zur Befreiung böte. Die Trägheit, wie sie Kant beschreibt, findet oft genug auch in unseren Reihen ihren Platz. Wie oft gebe ich mich damit zufrieden, dass andere für mich denken, das heißt eine Zeichnung auflegen, wie oft sehe ich ein BS als eine lästige Pflichtübung und nicht als hilfreichen Schritt zu meiner persönlichen Aufklärung.

 

Auch die Amtsträger der LL und der GL sind gefordert, denn Kant macht noch eine Ursache für das Scheitern von Aufklärung aus, den geforderten Gehorsam gegenüber Obrigkeiten Zu dieser Aufklärung aber wird nichts erfordert als Freiheit; und zwar die unschädlichste unter allem, was nur Freiheit heißen mag, nämlich die: von seiner Vernunft in allen Stücken öffentlichen Gebrauch zu machen. Nun höre ich aber von allen Seiten rufen: räsonniert nicht! Der Offizier sagt: räsonniert nicht, sondern exerziert! Der Finanzrat: räsonniert nicht, sondern bezahlt! Der Geistliche: räsonniert nicht, sondern glaubt![4]

 

Ohne Zweifel braucht eine L oder die GL eine Ordnung, die im Einzelfall nicht in Frage gestellt werden kann. Grundsätzliches Nachdenken über Ziele und Zweck von L und GL muss jedoch möglich bleiben, wie es Kant formuliert: Welche Einschränkung aber ist der Aufklärung hinderlich, welche nicht, sondern ihr wohl gar beförderlich? – Ich antworte: Der öffentliche Gebrauch seiner Vernunft muß jederzeit frei sein, und der allein kann Aufklärung unter Menschen zustande bringen; der Privatgebrauch derselben aber darf öfters sehr enge eingeschränkt sein, ohne doch darum den Fortschritt der Aufklärung sonderlich zu hindern. … So würde es sehr verderblich sein, wenn ein Offizier, dem von seinen Oberen etwas anbefohlen wird, im Dienste über die Zweckmäßigkeit oder Nützlichkeit dieses Befehls laut vernünfteln wollte; er muß gehorchen. Es kann ihm aber billigermaßen nicht verwehrt werden, als Gelehrter über die Fehler im Kriegesdienste Anmerkungen zu machen und diese seinem Publikum zur Beurteilung vorzulegen. Der Bürger kann sich nicht weigern, die ihm auferlegten Abgaben zu leisten; … Ebenderselbe handelt demohngeachtet der Pflicht eines Bürgers nicht entgegen, wenn er als Gelehrter wider die Unschicklichkeit oder auch Ungerechtigkeit solcher Ausschreibungen öffentlich seine Gedanken äußert.[5]

 

Sapere aude! Habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen!

[1] Kant I., Was ist Aufklärung? Zitiert nach UTOPIE kreativ, H 159 (Jänner 2004), S. 5-10

https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/159_kant.pdf, Zugriff 06.09.2017, 14.05 hrs.

[2] Ebd.

[3] Ebd.

[4] Ebd.

[5] Ebd.

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